Raubergasse 10

Aus Baugeschichte

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47° 4' 8.04" N, 15° 26' 18.06" E


Joanneum, früher Palais Leslie

Bau- bzw. Familiengeschichte von Raubergasse 10, dem heutigen Joanneum: 1462 wird ein Haus des Christoph Mörsperger, des Kaisers Burggraf am Schloßberg, genannt, 1493 Barthelme von Mörsberg als Besitzer eines Hauses „Zu Grêtz in der hindern Smidgass~n bey dem Rekgthůrn gelegen mitsambt dem Mairhof vnd Gartten dartzu“; schon bald darauf war es im Besitz der Familie Rauber, weil sich Barthelmes Tochter Judith mit Niklas von Rauber vermählte.

1515 wird noch von einem „Mersperghoff hinter dem Frawenhauß“ gesprochen. Durch Vermählung mit Raubers Tochter Katharina kam der Hof an Sebastian von Windischgräz. Der Vormund seiner minderjährigen Erben, Hans Friedrich von Hofmann, Freiherr zu Grünbichl-Strechau, der Sebastians Tochter Judith 1560 geheiratet hatte, verkaufte den Hof 1592 an die Stände, welche ihn als „Aushülfsgebäude“ für die protestantische Stiftsschule im „Paradeise“ einrichteten. Nach der Gegenreformation kam der Rauberhof an den i. ö. Regierungsrat Dr. Gallus Brenner, der 1620 seinen „Freihof zu Graz, genannt der untere Rauberhof“, dem Konvent von St. Lambrecht verkauft, aber statt des Kaufschillings die St. Lambrechter Behausung in der Schmidtgasse übernimmt. Zwischen 1665 und 1674 erbaute Domenico Sciassia anstelle des „Rauberhofes“ ein Stadthaus für das Stift St. Lambrecht. Schon 1684 ging es um 27.000 Gulden Kaufsumme und 300 Gulden Leihkauf an den Hofkriegsratspräsidenten und Feldmarschall mit schottischen Ahnen Jakob Freiherr von Leslie. Als die Familie 1802 mit Grafen Anton Leslie erlosch, erbte der in Wien lebende Fürst Carl Dietrich-stein den Rauberhof. Im Juni 1809 nahm übrigens hier der französische Marschall Marmont Quartier. Es ist ein seltsamer Zufall, dass nach dem Abzug der Franzosen Ende 1809 die aus Wien kommenden Kisten mit den Sammlungen Erzherzog Johanns schon in den Erdgeschoßen des Lesliehofes gelagert wurden, den der Prinz schon 1808 als Sitz seines geplanten „National-Museums“ auserkoren hatte. 1811 ersteigerten die Stände Steiermark dann nach einigen Schwierigkeiten – das „Februarpatent“ hatte ja den Staatsbankrott durch eine Geldentwertung beendet und daher eine Nachzahlung erfordert – den Hof um einen Kaufschilling von 162.431 Gulden Bankozettel, faktisch also von 32.486 fl. 12 kr. in Einlösungscheinen (oder Wiener Währung), um hier das Joanneum, die Stiftung Erzherzog Johanns, einzurichten. 1825/26 wurde der Trakt der Raubergasse um sieben Fensterachsen (im Stil des Alt-baus!) verlängert und 1890-94 baute Architekt August Gunold die Landesbibliothek daran, wobei ein Teil des südöstlichsten Traktes abgebrochen werden musste.

Dreigeschossiger Baukomplex mit zwei Innenhöfen. Die nördliche Vierflügelanlage mit frühbarocker Fassadierung (die früheste kleine Pilasterordnung von Graz), Arkadenhof und Hauskapelle wurde von Domenico Sciassia ab 1675 als Stadthaus für das Stift St.Lambrecht erbaut. Ab 1811 Adaptierung für das von Erzherzog Johann gegründete Museum. Die Wappen am Portal unter dem Schriftzug IOANNEVM hat der Grazer Bildhauer (und Scharfrichter) Leopold Zeillinger gefertigt. Es handelt sich dabei um die Wappen der Verordneten im Steiermärkischen Landtag, die 1811 auch im Bauausschuss vertreten waren: v. l. n. r.: Caspar Andreas von Jacomini, Ignaz Maria Graf Attems, Gotthard Kuglmayr OSB, Abt von Admont, LH Ferdinand Maria Graf Attems (Mitte), Cajetan Graf Wildenstein, Johann Ritter von Kalchberg, Stadt-/ Landeswappen.

1825/26 erfolgte eine südliche Verlängerung des Straßentraktes, wobei die Frühbarockfassade weiter fortgesetzt wurde. Im Inneren barocke Stuckdecken des 18.Jhs. und ehem. Festsaal (Sala terrena) mit barocker Gewölbemalerei um 1700. Hauskapelle mit Gewölbestukkatur und -fresken von 1670.An der Ecke zur Kalchberggasse Zubau eines Bibliotheksgebäudes (Landesbibliothek) mit neobarocker Fassadierung, 1890/94 nach Entwurf von August Gunolt als Pendent zum gleichzeitig erbauten Neuen Joanneum errichtet. Aus derselben Zeit stammt die neobarocke Parkeinfriedung in der Kalchberggasse.

Kommentare

Dem Bau des "Joanneumviertels" nach Plänen spanischer Architekten sind die Reste des begrünten Botanischen Gartens zum Opfer gefallen. Seit der Wiedereröffnung 2011 findet man hier eine mit mineralogischem Material belegte Überplattung des Eingangsbereiches zu den Abteilungen des "Universalmuseums Joanneum". Durch eine kreisrunde Öffnung gelangen BesucherInnen über eine Rolltreppe in das Innere des Besucher-Zentrums. Dort ist ein Info-Point und die Kasse zu finden. Weiters stehen auf dieser Fläche ein Museumsshop, Garderoben und Sanitäreinrichtungen zur Verfügung. Über das Besucher-Zentrum des Joanneumsviertel erfolgt auch der Zugang zur Neuen Galerie Graz, Naturkundemuseum und die Multimedialen Sammlungen. Bücher-Freunde erhalten in der Freihandaufstellung der Landesbibliothek Gelegeheit zum Schmökern.

Einzelnachweise

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